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Der Sog pikturaler Bedeutsamkeit

Johannes Meinhardt

 

Die Lage der Malerei ist schwierig geworden, und zudem verwirrend. Nachdem ab etwa 1960 die Malerei der Moderne, vor allem die abstrakte Malerei, welche für die Moderne die Leitgattung gewesen war, aber auch die gegenständliche und die expressionistische Malerei fragwürdig und von vielen Künstlern als illusionistisch, unwahr und idealistisch denunziert worden war, gab eine große Zahl der jungen Maler die Malerei auf – so die Künstler des Happening oder der Minimal Art. Malerei, die eine imaginierte, geistige oder transzendente Welt zeigte, die Bewusstseinsinhalte wie Imaginationen (oder sogar Vorstellungen) repräsentierte, wurde abgelehnt, und mit ihr die Malerei generell.

In dieser Situation der vollständigen Infragestellung der Malerei begannen einige Künstler einen neuen Einsatz in die Malerei zu erproben: sie gingen nicht mehr von einem geklärten Begriff der Malerei aus, sondern fragten radikal und grundsätzlich danach, was denn Malerei sei, wenn sie nicht mehr durch einen geistigen Gehalt oder die Repräsentation von Bildern determiniert, nicht mehr durch die Intentionalität eines Schöpfers präformiert ist. Zu untersuchen war, was sich beim Einsatz der Mittel der Malerei – Leinwand, Papier, Träger aller Art, Farbe, Tusche, gebundene Farbe, Farbstift, Pinsel, Kohle, Hand, Arm, agierender Körper – für Effekte ergeben würden; was durch den Einsatz unterschiedlichster Materialien und Verfahrensweisen im Visuellen entstehen und sich zeigen würde.

Diese neue Malerei (in den sechziger Jahren war das die Fundamentale oder Analytische Malerei) hatte, auch wenn sie auf den ersten Blick mit der Abstrakten Malerei der Moderne verwandt war, strenggenommen nichts mit dieser zu tun: sie arbeitete nicht mehr mit einer sprachartigen, signifikanten Ordnung von rein visuellen Bildelementen (Linien, Flächen, Farben), deren Komposition ein unerschöpfliches Spiel von Beziehungen dieser Elemente hervorbringt und damit eine ästhetische Hinterwelt erschafft, ästhetische und semantische Transzendenz. In der neuen Malerei war ein Gemälde zuerst einmal nichts, was als Träger einer ästhetischen oder subjektiven Bedeutung sich selbst auf seinen Sinn hin überschreiten könnte; die neue Malerei war ein experimentelles Versuchsfeld, in dem die Funktionsweisen der Wahrnehmung ebenso wie der kulturellen Rahmungen von Malerei als einer alten, gesellschaftlichen und historischen Praxis erforscht wurden. Für diese neue Malerei, die nichts mit der Abstrakten Malerei der Moderne zu tun hat, gibt es bis heute keinen eigenständigen Begriff. Marcia Hafif stellte 1981 fest: „Anstatt die übliche einfache Dualität von Realismus und Abstraktion hinzunehmen, müssen wir die zeitgenössische Malerei in mindestens vier unterschiedliche Kategorien unterteilen: 1. Repräsentation der Natur; 2. Abstraktion von der Natur; 3. Abstraktion ohne Bezugnahme auf die Natur; und 4. jener Typ von Malerei, über den ich gesprochen habe – eine Kategorie, für die kein einigermaßen zufriedenstellender Name existiert.“[1] Robert Ryman führte für diese Gattung von Malerei den Namen „realistische Malerei“ ein – wobei nicht mehr Sujets realistisch abgebildet werden, sondern die materiellen Mittel und Verfahrensweisen der Malerei selbst real sind. „Nun gibt es noch ein drittes Verfahren, das mit verschiedenen Namen bezeichnet wurde, von denen eigentlich keiner befriedigend ist. … Ich nenne es Realismus, weil die Ästhetik real ist. Dieses dritte Verfahren, der Realismus, geht anders vor als Darstellung und Abstraktion. Beim Realismus gibt es kein (Ab-)Bild. Die Ästhetik ist eine nach außen orientierte und nicht nach innen gerichtet. Und da es kein Bild gibt, gibt es keine Erzählung. Und es gibt auch keinen Mythos. Vor allem aber gibt es keine Illusion. Die Linien sind real, der Raum ist real, die Fläche ist real, und es gibt eine Interaktion zwischen dem Gemälde und der Wandfläche – anders als bei Abstraktion und Darstellung.“[2]

Es ist offensichtlich, dass für Olaf Quantius dieser radikale Neubeginn der Malerei schon eine selbstverständliche Vorbedingung seines Begriffs von Malerei ist. Ein kompositionelles Denken, das eine Einheit der Bildfläche als Einheit eines ästhetischen Sinnzusammenhangs auf der Basis der Einheit einer visuellen Sprache implizieren würde, steht seinem Verständnis von Malerei nicht mehr nahe – allerdings kann auf einer zweiten, abgeleiteten Ebene  ein fragiles und flüchtiges kompositionelles Denken wieder auftauchen. Was sich aber für ihn in der jüngeren Geschichte der Malerei gegenüber der Analytischen Malerei verändert hat, sind vor allem zwei Aspekte: zum einen der Umgang mit dem irreduziblen Illusionismus der Malerei, und zum anderen der Umgang mit dem kontingenten Entstehen und Selbstentstehen pikturaler Zeichen – nicht aus einer Sprache, sondern aus dem zitierenden, collagierenden, frei wählenden Gebrauch aus einem fast unbegrenzten Repertoire von pikturalen topoi, von bildrhetorischen Figuren.[3]

Dass Gemälde einen irreduziblen Illusionismus besitzen, vor aller Abbildung eines dreidimensionalen, körperlichen Raums, als pikturale Bildräumlichkeit und Farbräumlichkeit, war gegen die Analytische Malerei vor allem von Gerhard Richter formuliert worden. Malerei ist für Richter von vornherein visuell doppel- oder mehrdeutig, bringt unterschiedliche Sichtbarkeiten zugleich ins Spiel. Jedes Gemälde, jede Bildfläche erzeugt Wirkungen im Visuellen, welche die materielle Oberfläche des Gemäldes `transzendieren´, erschafft immaterielle Bildräumlichkeit jenseits der materiellen Fläche; und diese Effekte sind als eine phänomenale Wirklichkeit des Sehens ernst zu nehmen. Deswegen kann der `Illusionismus´ der Malerei nicht reduziert oder beseitigt werden, ohne die Malerei zu beseitigen: was ein Gemälde von einer bloßen Oberfläche, einem bloßen Gegenstand grundsätzlich unterscheidet, ist gerade diese visuelle Differenz, die eine ästhetische Differenz zwischen der gegenständlichen Oberfläche und den – oft widersprüchlichen, nicht zu einer Einheit synthetisierbaren – Bildwirkungen mitumfasst, welche eine mehrfache Wahrnehmung des Gemäldes ermöglichen und erfordern. „Wenn ich die negativen Vorstellungen vergesse, die sich mit dem Begriff verbinden, dann bleibt für mich ein Illusionismus übrig, der untrennbar mit Malerei verbunden ist bzw. gar mit Malerei gleichzusetzen ist. Malerei als Schein – das hat nichts mit Scheinwelt zu tun und dergleichen. Ich will sagen, daß ich gar keine Malerei kenne, die nicht illusionistisch ist.“[4] Gemälde transzendieren immer schon ihre materielle Oberfläche auf eine komplexe, rein visuelle Realität hin, unabhängig davon, ob sie zusätzlich noch eine geistige oder mentale Welt repräsentieren. „Es gibt keine Farbe auf der Leinwand, die nur sich selber meint und nichts darüber hinaus, sonst wäre das Schwarze Quadrat nur ein blöder Anstrich.“[5] Schon die Differenz zwischen der Farbe als Materie (paint) und der Farbe als visueller Farbwert (colour) – ob dieser im Rahmen eines eigenständigen, strukturierten und damit sprachartigen Farbsystems verstanden wird, wie in der abstrakten Malerei der Moderne, oder als struktur- und bedeutungslose visueller Effekt der Wahrnehmung – verweist auf diese Differenz.

Olaf Quantius, für den der Illusionismus der Bild- und Farbräumlichkeit als Effekt von Materialien und Verfahrensweisen selbstverständlich ist, unternimmt viel, um es dem Betrachter zu erschweren, sich in einer einzigen Wahrnehmungsordnung – und damit in einem bestimmten Typ von Bild – optisch einzurichten. Zwar gibt es Gemälde von ihm, die gegenständliche Partien (vor allem isoliert stehende Gebäude) enthalten; doch entstammen diese Partien Fotos (die er selbst gemacht hat), sie vermeiden also kompositionelle Entscheidungen und Intentionen. Auch tauchen in manchen Gemälden Partien auf, die auf den ersten Blick wie abstrakte Kompositionen aus Farbflächen erscheinen; doch zeigt sich, dass diese `Kompositionen´ oft nichtkompositionellen Begründungen folgend entstanden sind. Für Quantius sind jedoch die Kategorien und Kriterien der früheren Gattungen von Malerei (in der Moderne), der gegenständlichen Darstellung, der abstrakten Komposition der Bildfläche oder der expressiven Gestik der Hand, als Elemente in seiner Malerei ohne Bedenken einsetzbar; solange sie nicht das Gemälde determinieren, sondern die Komplexität der Wahrnehmungsmöglichkeiten erweitern. Das heißt auch, dass für ihn gegenständliche und abstrakte Partien oder eher Aspekte zur Ausweitung der Komplexität und Vieldeutigkeit der vom Gemälde angebotenen Wahrnehmungsweisen brauchbar sind.

Denn entscheidend ist die irreduzible, jede einfache Lektüre beziehungsweise identifizierende Wahrnehmung übersteigende Komplexität der Bildfläche. Diese wird noch gesteigert, indem Olaf Quantius die `natürliche Wahrnehmung´ bei vielen pikturalen Elementen unterläuft; zum Beispiel bei Spuren des Gießens und Fließens der Farbe, die mehrfach transformiert worden sind und nicht mehr direkt dem  Materialprozess entstammen. Oft sind die pikturalen Elemente auf eine andere Weise entstanden als auf diejenige, die sie suggerieren: was als Zeichnung erscheint, ist meist durch Abkleben von Partien entstanden – die teilweise mit dem Ziehmesser geschnitten werden und so eine sekundäre, durch den Materialwiderstand stark determinierte `Handschrift´ ergeben; was als `natürliches´ Fließen von Farbe, als Farbbahnen, erscheint, wird dadurch, dass Quantius Partien solcher Farbbahnen fotografiert, vergrößert projiziert und kopiert, seiner `Natürlichkeit´ beraubt und zu einer völlig artifiziellen Farbfläche (die Fotos von Ausschnitten werden manchmal am Computer noch verzerrt); was als Form erscheint, sind oft keine in der Bildfläche komponierten geometrischen oder organischen Formen, sondern Umrisse, die schon vorher in  Papier geschnitten existieren – mit deren Hilfe er den richtigen Ort und die richtige Größe der dann nach diesen `Vorlagen´ gemalten Form auf der Bildfläche erprobt (auch verwendet er diese Papierformen teilweise mehrfach).

Olaf Quantius unterläuft jede Vorstellung einer persönlichen Palette des Malers zum einen durch sehr starke oder sehr schwache Farbdifferenzen, die er wie Konsonanzen und Dissonanzen einsetzt, wie musikalische Akkorde, zum anderen dadurch, dass das Farbmaterial so unterschiedlich ist, dass sich die Farbe als Wert oder Ton nicht von ihrem materiellen Träger trennen lässt. Die Liste der Verfahrensweisen des Aufbringens der Farbmaterie ist fast unerschöpflich: er verwendet nicht nur das Schütten und Gießen von Farbe, wobei durch das Drehen der Leinwand geknickte Fließspuren entstehen; er malt nicht nur bestimmte Formen nach mit dem Ziehmesser ausgeschnittenen Formen, sondern er bringt Farbbatzen mit den Fingern auf die Fläche, die er mit dem Spatel wieder abhebt und daneben wieder aufträgt; er setzt Wolldecken mit ihren Musterungen als Bildträger ein; er klebt ganze Partien von Gemälden mit Klebeband ab; er lässt flüssige Farbe zu Farblagunen eintrocknen …

Die Unmittelbarkeit der Wahrnehmung erweist sich so meist als falsch; nichts ist das oder ist so, wie es zu sein scheint. Dieses Spiel der Täuschungen oder der Unentscheidbarkeiten ist wichtig: es schafft Uneindeutigkeit, erzeugt einen Sog von vieldeutiger Bedeutsamkeit[6]. Auch die klassischen Doppeldeutigkeiten der Wahrnehmung setzt er zu diesem Zweck ein: Umschlagen von negativer in positive Form und umgekehrt; Umschlagen von Darüber und Darunter, sowie Umschlagen von Schichtungen in ein Nebeneinander (und umgekehrt); Unentscheidbarkeit der Formen in der Bildfläche, die (in mikrometeorologischen Prozessen des Aufgießens und des Abwaschens) selbstentstanden oder gewählte organische Formen sein könnten.

Auf diese Weise entsteht in seinen visuell widersprüchlichen, in weit gespannten Gegensätzen und Differenzen artikulierten Arbeiten keine bestimmte Bedeutung: sie sprechen nicht (oder kaum), transportieren keinen mentalen oder mental-ästhetischen Gehalt. Aber sie bilden einen starken Sog einer unbestimmten Bedeutungshaftigkeit aus. Diese Bedeutungshaftigkeit ist primär semiotisch, nicht semantisch; sie entsteht durch die große Zahl von Unterschieden, die sich im Gemälde zeigen, und die unbekannte Zeichen, Zeichen einer unfassbaren, aber strukturierten pikturalen Sprache suggerieren. So weiß die Wahrnehmung nicht, was sie zu sehen bekommt (im Rahmen einer definierten Wahrnehmungsordnung), und wird deswegen auf sich selbst zurückgeworfen. Es wird keine Bedeutung artikuliert, sondern das Werk verführt oder nötigt den Betrachter durch diese Verweigerung, sowohl seine in visuelle Widersprüche verwickelte Wahrnehmung zu beobachten und zu reflektieren als auch sich dem Sog der Bedeutungshaftigkeit dieser sprachlosen Artikulation zu ergeben.

Diese suggestive Bedeutungshaftigkeit baut sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Ebenen auf: die einzelnen visuellen Elemente oder Formen, die fast Symbole zu sein scheinen; die unfassbare, chaotische Bildräumlichkeit, in der räumliche und flächige Aspekte durcheinander laufen und einander widersprechen; die Komplexität des Zusammenspiels vieler widersprüchlicher Elemente (die nicht oder kaum komponiert ist, sondern sich additiv im Prozess ergibt). Für Olaf Quantius handelt es sich beim Ausharren in dieser soghaften Vieldeutigkeit „um ein Sich-Einrichten in dieser Bedeutungshaftigkeit, um eine `Geistigkeit´, die genau jene Unentscheidbarkeit und Paradoxie aushält oder mitteilbar macht.“[7] Das schwer auszuhaltende umfassende Reflexivwerden der Wahrnehmung, in dem das dem Auge zu Sehen Gegebene vieldeutig wird, sich entzieht und sich widerspricht, ermöglicht eine ganz eigene, selbstreflexive Kontemplation, eine Wachheit höchster Konzentration, die nicht mehr von einer bestimmten Wahrnehmung gelenkt oder weggerissen wird, sondern eine Art Ruhe gewinnt: die „`Ruhe im Auge des Orkans´. Ich meine damit eine Qualität der Ruhe, der `Kontemplation´, des Gleichmutes, des Sowohl-als-auch, um einen Ort innerhalb dieses Soges,“ [8] der konstruktiv und friedlich ist – indem er eine stabile Position in der Wahrnehmungs- und Selbstreflexion gewonnen hat.

Der Sog der Bedeutsamkeit transportiert keine Bedeutungen (keine Denotate); aber er ermöglicht Konnotationen, Anspielungen und Erinnerungen, die kulturell verankert sind, aber in hohem Grade persönlich, subjektiv oder sogar willkürlich bleiben. Auf diese Weise entsteht eine sekundäre, parasitäre[9] Sprache der Konnotationen, die auf einer historisch-kulturellen Rhetorik des Bildes oder eher der pikturalen Topoi aufbaut. Verwandt ist diese sekundäre Sprache mit dem Sampling in der Musik: im Sampling spielt die musikalische Sprache im strengen Sinn des Wortes, die aus rein akustisch-ästhetischen Elementen besteht (aus Tönen und Tondifferenzen, Tonzusammenstellungen und Klängen) und mit rhythmischen und zeitlich-architektonischen Ordnungen verknüpft, nur eine untergeordnete Rolle; durch das Sampling werden kontingente oder willkürliche Zeitabschnitte mit ihrem musikalischen oder auch nur materiell-akustischen Inhalt isoliert und repetiert: auf diese Weise bilden sie instabile und flüchtige Elemente einer sekundären musikalischen Sprache, in der Stil, Epoche, Klangquelle, Raumhall, materielle Quelle, kultureller Gebrauch und ähnliche Faktoren als musikalische Konnotationen anwesend sind, die sich kaum noch auf eine primäre Denotation (eine Referenz oder eine Signifikanz) stützen. Der Gebrauch solcher bildrhetorischen Topoi unterscheidet sich grundlegend vom Zitat: es geht nicht um die Aneignung eines Textes, hier einer pikturalen Äußerung, um durch weitere Rahmungen deren eigene historische und kulturelle Kontextabhängigkeit sichtbar zu machen, sondern um eine Rhetorik der pikturalen Anspielungen und Konnotationen. Diese bringt eine umfassende kulturelle Geschichte der Bilder ins Spiel: eine Geschichte mit ihren Kontingenzen und ihrer subjektiven Willkür, die Geschichte der kulturellen Erinnerungen, der Aufladung von Formen durch subjektive oder kulturelle Motivationen und Evidenzen, die sie erst zu Figuren oder Topoi machen, die sie auf das Engste mit Texten, Bildern und kulturellem Wissen verbinden.

Die Lage der Malerei ist schwierig geworden, und zudem verwirrend. Indem Olaf Quantius die unterschiedlichen, einander widersprechenden Kategorien und Wahrnehmungsweisen gegenständlicher, abstrakter, expressiver und `realistischer´ Malerei in seinen Gemälden zu offenen Netzen verknüpft, die keine einfache Wahrnehmung mehr erlauben, sondern das Wahrnehmungsbewusstsein des Betrachters in unauflösbare Widersprüche und zugleich in einen starken Sog von Bedeutsamkeit versetzen, erschafft er eine noch komplexere Malerei, die dem Betrachter eine bemerkenswerte Erfahrung der Intensität ermöglichen. Der Betrachter, der sich auf die Vielheit der Wahrnehmungsweisen einerseits, der Anspielungen und Verweise andererseits einlässt, wird dazu genötigt oder verführt, mit größter Konzentration den vielfältigen, widersprüchlichen, bedeutsamen Aspekten und Momenten der Malerei zu folgen, und gewinnt daraus ein Gefühl hoher Bewusstheit und umfassender Bewusstseins- und Selbstpräsenz.

[1]   Marcia Hafif: Getting on with Painting, Art in America, April 1981, S. 138

[2]   Robert Ryman: On Painting/Über Malerei, 1991, in Ausstellungskatalog: Robert Ryman, Espace d’art Contemporain,Paris / Hallen für neue Kunst, Schaffhausen 1991, S. 57-69, S. 59

[3]   Eine Rhetorik des Bildes, die sich von der Rhetorik der Sprache getrennt und ihre eigenen Kriterien ausgebildet hätte, wäre heute so notwendig, wie es in den sechziger Jahren eine Hermeneutik des Bildes war, die sich von der      Hermeneutik des Textes befreit hätte

[4]   Gerhard Richter, 1977, in Gerhard Richter: Text. Schriften und Interviews, Frankfurt am Main und Leipzig 1993, S. 86

[5]   Gerhard Richter, in Ausstellungskatalog: Gerhard Richter, Bundeskunsthalle Bonn 1993, Band II: Texte, S. 61

[6]   Das Konzept der `Bedeutsamkeit´ wurde entwickelt von Jochen Hörisch: Bedeutsamkeit. Über den Zusammenhang von Zeit Sinn und Medien, München 2009, hier besonders die Kapitel 2 („Bedeutsamkeit, Bedeutung, Sinn“) und 4 („Emergenz von Bedeutsamkeit“) der Einleitung

[7]   Olaf Quantius, E-mail vom 25. Dezember 2014

[8]   Olaf Quantius, E-mail vom 25. Dezember 2014

[9]   `parasitär´ bedeutet hier, dass eine komplexere Ordnung zweiten Grades von der Existenz und der Effektivität einer einfacheren Ordnung ersten Grades ermöglicht wird und abhängig bleibt; siehe Michel Serres: Der Parasit, Frankfurt am Main 1981